Erste Miet- und Immobilienurteile unter Einfluss von Corona

 

Es gibt fast keinen gesellschaftlichen Bereich, der nicht von der Corona-Pandemie betroffen ist. Das schließt natürlich auch das Miet- und Immobilienrecht ein. Seit dem Ausbruch haben Gerichte zahlreiche Urteile gefällt. Auch wenn sich viele Urteile inzwischen durch die eingeführten Lockerungen erledigt haben, dürften diese Urteile bei einer weiteren Welle wieder relevant werden. Bitte beachten Sie, dass das Landesrecht oft bundesweit voneinander abweicht und eine Beratung mit einem Rechtsanwalt zu empfehlen ist.

 

Objektbesichtigungen

Aufgrund der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen war es für Wohnungssuchende in Corona-Zeiten extrem schwierig, Besichtigungen und anschließende Vertragsverhandlungen durchzuführen. Deswegen hat sich ein Mieter, der seine Wohnung räumen sollte, ans Gericht gewandt, um eine Fristverlängerung von rund drei Monaten zu bekommen. Das Landgericht Berlin (67 S 16/20) hat entschieden, diesem Antrag stattzugeben, da das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen gekommen ist. Aus diesem Grund seien allen gerichtlichen Räumungsfristen zu verlängern, so lange nicht gleichrangige Interessen der Eigentümer etwas anderes gebieten.

 

Handwerker

Was passiert, wenn in diesen Zeiten ein Handwerker die Wohnung betreten muss? In München ging es um einen Wasserschaden, bei dem es um das Stoppen des Wassereintritts ging. Der Mieter wollte den Handwerker aufgrund der Pandemie nicht in seiner Wohnung haben. Das AG München (483 C 4847/20) entschied, dass bei solch dringenden Maßnahmen nicht gewartet werden könne. Der Verwalter dürfe im Namen der Gemeinschaft den Zutritt des Handwerkers im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzen lassen.

 

Darf die Nutzung von Zweitwohnungen untersagt werden?

Diese Frage war zu Höchstzeiten der Corona-Pandemie höchst umstritten. Darf man den Eigentümern die Nutzung einfach so verbieten? Das Verwaltungsgericht Schleswig (1 B 10/20) gestattete es den Behörden, den Aufenthalt in Ferienobjekten in Form einer unverzüglichen Rückreiseverpflichtung zu untersagen. Aus Richtersicht ging es darum, Rücksicht auf die verfügbaren medizinischen Kapazitäten zu nehmen. Das private Interesse, sich in seiner Zweitwohnung aufzuhalten, müsse hier gegenüber dem öffentlichen Interesse zurückstehen.

Eine andere Entscheidung traf hier das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (11 S 15/20). Hier lag für die Nutzer von Zweitwohnungen ein Anreiseverbot durch den Landkreis vor. Dagegen gingen Betroffene juristisch vor. Die Richter des OVG kippten das Verbot in eine Eilentscheidung. Begründung war unter anderem, dass sich die behördliche Verfügung im Hauptsachverfahren sehr wahrscheinlich als rechtswidrig erweisen würde. Es gebe bereits etliche Vorsorgeregelungen gegen die Pandemie auf Landesebene und der Landkreis habe nicht darlegen können, dass es wegen örtlicher Besonderheiten einer Ergänzung der Bestimmungen bedürfe.

 

Rechtsweg auch in der Corona-Krise

Egal wie sehr das Coronavirus auch in alle Bereiche eingreift, die üblichen Rechtswege werden nicht außer Kraft gesetzt. So stellte das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 712/20) fest, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen Verbote im Zusammenhang mit der Pandemie das Ausschöpfen des Rechtsweges erfordert.

So hat z.B. ein Berliner eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht, da er eine Verletzung seiner Grundrechte sah. Dort wurde der Fall aber gar nicht erst zur Entscheidung vorgelegt, sondern man verwies ihn auf die zuvor nötige fachgerichtliche Aufarbeitung der Materie.

Ein Sachse wollte geklärt haben, ob ihm für Sport und Bewegung ein Aufenthalt vorrangig im Umfeld des Wohnbereiches vorgeschrieben werden könne und was dies konkret bedeutet. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen (3 B 111/20) hat diesen Begriff näher geklärt. Zunächst bezeichneten die Richter die Verordnung gemäß Infektionsschutzgesetz als grundsätzlich vertretbar. Im Detail heißt es, dass Aktivitäten im Umfeld des Wohnbereichs als solche zu verstehen sind, die ohne Zuhilfenahme eines PKW stattfinden können. Grob könnte man von einem Bereich von zehn bis 15 km ausgehen. Die Ziele sollten zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen sein, hieß es im Urteil.